Ende Oktober hatte ich Gelegenheit, die Stadt
Stolberg in der Nähe von Aachen zu besuchen, um ein Seminar über das Thema “Interkulurelle Besonderheiten bei
traumatischen Ereignissen”
abzuhalten. Das Seminar gehört zum Angebot des Instituts für Arbeit und Gesundheit in
Dresden (IAG) im Rahmen eines Programms zur Verbesserung der
Arbeitssicherheit von Personen, die bei ihrer Berufstätigkeit eine hohe
Stressbelastung erfahren aufgrund des unmittelbaren Umgangs mit Ausländern, die
als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.
Als promovierter Sozialpsychologe und Interkultureller Trainer bestand
meine Aufgabe in der Vermittlung von theoretischen und praktischen
Erkenntnissen zum Thema Migration und zu den verschiedenen
Akkulturationsstrategien (Assimilierung, Integration, Separation und
Marginalisierung) von Ausländern in Deutschland. Darüber hinaus war dieses aber
auch eine Gelegenheit, um über meine eigene Migrationsgeschichte und über die
Schritte zu berichten, die ich selbst tun musste, um eine angemessene Stufe
kultureller Integration in Deutschland zu erreichen.
Gemeinsam mit meiner Kollegin Katrin Boege, Psychologin und langjährige Referentin im Bereich Notfallpsychologie
und Coaching im Institut für Arbeit und Gesundheit in Dresden (IAG) haben wir
Schlüsselkonzepte im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Migrationsumfeld in
Deutschland und das Phänomen des psychischenTraumas als Folge erlebter
Extremsituationen angesprochen. Außerdem haben wir auf die sehr schlimmen
Folgen von Trauma und Migration hingewiesen, die sich sowohl in den Reihen der
Migranten wie in den Reihen derjenigen ergeben können, die in der
Flüchtlingshilfe tätig sind, wenn es an geeigneten Heil- und Präventionsmaßnahmen
fehlt.
Folglich zielt das Seminar darauf ab, auf die zahlreichen Besorgnisse
der Teilnehmer besonders durch die Behandlung drei relevanter Themenkreise zu
antworten. Als Erstes wurden Fragen angesprochen wie: Was ist ein Trauma?
Umgang mit Traumatisierten (Do’s und Don’ts). Welches sind die Folgen für die
geistige und körperliche Gesundheit eines Migranten? An zweiter Stelle wurden
Fragen behandelt wie: Wie drücken sich interkulturelle Unterschiede bei
traumatischen Ereignissen aus? Welches sind die psychosozialen Folgen der
Migration? Kulturschock und Akkulturationsstrategien. Als Drittes wurden
Grundbegriffe der Psychohygiene und Distanzierungstechniken in der Praxis
behandelt. So beleuchtet das Seminar auch die Beziehung zwischen dem Umgang mit
traumatisierten Migranten und der Belastung für die Helfer.
In diesem konkreten Fall war unser Auftraggeber
die Stadt Altenberg. Das ganztägige Seminar fand am 28.
Oktober 2015 in den Räumen der städtischen Feuerwehr statt. Die Stimmung war
sehr offen und professionell. Die Beteiligung der Teilnehmer ließ sehr deutlich
die ausgezeichnete Vorbereitung der in die Maßnahmen der ersten Hilfe
involvierten Gruppen erkennen und ihre hochgradige Motivation, mehr über die
interkulturellen Besonderheiten bei traumatischen Ereignissen zu erfahren und
diese besser zu verstehen.
Hier sei darauf hingewiesen, dass die Zielgruppe
unserer Seminare Berufstätige sind, mit der Aufgabe, sich um die dringendsten
Grundbedürfnisse von Flüchtlingen/Zuwanderern (Unterkunft, Verpflegung,
medizinische Betreuung, Sozialhilfe, allgemeine Information und Begleitung) zu
kümmern. Beim Altenberger Seminar hatten wir 4 Teilnehmerinnen und ca 26 Teilnehmer aus
unterschiedlichen, aufgabenmäßig verbundenen Berufsgruppen: Feuerwehr, Rettungssanitäter,
Polizei und Angestellte der städtischen Sozialdienste.
Zu den wichgigsten Ergebnissen des Seminars, gehörte
sowohl auf Seiten der Referenten wie auf Seiten der Teilnehmer die Erkenntnis,
dass die Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland zukünftig eine immense
Präventionsarbeit erfordern wird, um eine Überbelastung, wenn nicht gar eine
Katastrophe unter den Neuankömmlingen wie auch in der Gastgesellschaft zu
vermeiden. Es wurde sehr deutlich, dass es sich dabei um
eine langfristige Aufgabe handelt, und dass es darum geht, bereits jetzt die
Präventionsmaßnahmen für die Zukunft zu treffen.
Darüber hinaus wurde die hohe berufliche Kompetenz
derjenigen (Feuerwehr, Rettungssanitäter, Polizei, Sozialarbeiter,
Hilfspersonal) deutlich, die sich um die Aufnahme der Flüchtlinge kümmern. Dennoch brachten auch die Teilnehmer selbst zum Ausdruck, dass sie
angesichts der großen Verschiedenartigkeit der Flüchtlinge, die nach
Deutschland kommen, nicht in der Lage sind, die Komplexität der Sprachprobleme
und der kulturellen Unterschiede zu beherrschen. Deshalb kam im Seminar auch
besorgt zur Sprache, ob und wie z.B. zukünftig im Rahmen der bestehenden Teams
das kulturelle Wissen der Flüchtlinge selbst (Sprache, kulturelle Praxis)
einbezogen werden könne, um den Stress und die Belastungen zu verringern, denen
zurzeit viele deutsche Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe ausgesetzt sind.
Abschließend sei an dieser Stelle noch einmal der
Stadt Altenberg für diese Initiative gedankt und an die Adresse anderer Verantwortungsträger
die Anregung formuliert, Seminare mit interkultureller Ausrichtung über
Migration, psychologisches Trauma und die Arbeitssicherheit derjenigen
Beschäftigten zu organisieren, die tagtäglich mit Flüchtlingen zu tun haben. Last not least sei auch darauf hingewiesen, dass sich über dieses
Seminar die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und das Institut für
Arbeit und Gesundheit in Dresden (IAG) den Tausenden von Organisationen und
Freiwilligen angeschlossen haben, die in der gegenwärtigen Situation einen
konstruktiven Beitrag zur Aufnahme, Stabilisierung und Integration von
Flüchtlingen in Deutschland leisten.
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