8.11.15

Erfolgreiches Seminar über Migration und Trauma in Stolberg



Ende Oktober hatte ich Gelegenheit, die Stadt Stolberg in der Nähe von Aachen zu besuchen, um ein Seminar über das Thema “Interkulurelle Besonderheiten bei traumatischen Ereignissen” abzuhalten. Das Seminar gehört zum Angebot des Instituts für Arbeit und Gesundheit in Dresden (IAG) im Rahmen eines Programms zur Verbesserung der Arbeitssicherheit von Personen, die bei ihrer Berufstätigkeit eine hohe Stressbelastung erfahren aufgrund des unmittelbaren Umgangs mit Ausländern, die als Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.
 


Als promovierter Sozialpsychologe und Interkultureller Trainer bestand meine Aufgabe in der Vermittlung von theoretischen und praktischen Erkenntnissen zum Thema Migration und zu den verschiedenen Akkulturationsstrategien (Assimilierung, Integration, Separation und Marginalisierung) von Ausländern in Deutschland. Darüber hinaus war dieses aber auch eine Gelegenheit, um über meine eigene Migrationsgeschichte und über die Schritte zu berichten, die ich selbst tun musste, um eine angemessene Stufe kultureller Integration in Deutschland zu erreichen.
 
Gemeinsam mit meiner Kollegin Katrin Boege, Psychologin und langjährige Referentin im Bereich Notfallpsychologie und Coaching im Institut für Arbeit und Gesundheit in Dresden (IAG) haben wir Schlüsselkonzepte im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Migrationsumfeld in Deutschland und das Phänomen des psychischenTraumas als Folge erlebter Extremsituationen angesprochen. Außerdem haben wir auf die sehr schlimmen Folgen von Trauma und Migration hingewiesen, die sich sowohl in den Reihen der Migranten wie in den Reihen derjenigen ergeben können, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, wenn es an geeigneten Heil- und Präventionsmaßnahmen fehlt.
 


Folglich zielt das Seminar darauf ab, auf die zahlreichen Besorgnisse der Teilnehmer besonders durch die Behandlung drei relevanter Themenkreise zu antworten. Als Erstes wurden Fragen angesprochen wie: Was ist ein Trauma? Umgang mit Traumatisierten (Do’s und Don’ts). Welches sind die Folgen für die geistige und körperliche Gesundheit eines Migranten? An zweiter Stelle wurden Fragen behandelt wie: Wie drücken sich interkulturelle Unterschiede bei traumatischen Ereignissen aus? Welches sind die psychosozialen Folgen der Migration? Kulturschock und Akkulturationsstrategien. Als Drittes wurden Grundbegriffe der Psychohygiene und Distanzierungstechniken in der Praxis behandelt. So beleuchtet das Seminar auch die Beziehung zwischen dem Umgang mit traumatisierten Migranten und der Belastung für die Helfer.

In diesem konkreten Fall war unser Auftraggeber die Stadt Altenberg. Das ganztägige Seminar fand am 28. Oktober 2015 in den Räumen der städtischen Feuerwehr statt. Die Stimmung war sehr offen und professionell. Die Beteiligung der Teilnehmer ließ sehr deutlich die ausgezeichnete Vorbereitung der in die Maßnahmen der ersten Hilfe involvierten Gruppen erkennen und ihre hochgradige Motivation, mehr über die interkulturellen Besonderheiten bei traumatischen Ereignissen zu erfahren und diese besser zu verstehen.

Hier sei darauf hingewiesen, dass die Zielgruppe unserer Seminare Berufstätige sind, mit der Aufgabe, sich um die dringendsten Grundbedürfnisse von Flüchtlingen/Zuwanderern (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Betreuung, Sozialhilfe, allgemeine Information und Begleitung) zu kümmern. Beim Altenberger Seminar hatten wir  4 Teilnehmerinnen und ca 26 Teilnehmer aus unterschiedlichen, aufgabenmäßig verbundenen Berufsgruppen: Feuerwehr, Rettungssanitäter, Polizei und Angestellte der städtischen Sozialdienste.




Zu den wichgigsten Ergebnissen des Seminars, gehörte sowohl auf Seiten der Referenten wie auf Seiten der Teilnehmer die Erkenntnis, dass die Arbeit mit Flüchtlingen in Deutschland zukünftig eine immense Präventionsarbeit erfordern wird, um eine Überbelastung, wenn nicht gar eine Katastrophe unter den Neuankömmlingen wie auch in der Gastgesellschaft zu vermeiden. Es wurde sehr deutlich, dass es sich dabei um eine langfristige Aufgabe handelt, und dass es darum geht, bereits jetzt die Präventionsmaßnahmen für die Zukunft zu treffen.
 


 Darüber hinaus wurde die hohe berufliche Kompetenz derjenigen (Feuerwehr, Rettungssanitäter, Polizei, Sozialarbeiter, Hilfspersonal) deutlich, die sich um die Aufnahme der Flüchtlinge kümmern. Dennoch brachten auch die Teilnehmer selbst zum Ausdruck, dass sie angesichts der großen Verschiedenartigkeit der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, nicht in der Lage sind, die Komplexität der Sprachprobleme und der kulturellen Unterschiede zu beherrschen. Deshalb kam im Seminar auch besorgt zur Sprache, ob und wie z.B. zukünftig im Rahmen der bestehenden Teams das kulturelle Wissen der Flüchtlinge selbst (Sprache, kulturelle Praxis) einbezogen werden könne, um den Stress und die Belastungen zu verringern, denen zurzeit viele deutsche Mitarbeiter in der Flüchtlingshilfe ausgesetzt sind.




Abschließend sei an dieser Stelle noch einmal der Stadt Altenberg für diese Initiative gedankt und an die Adresse anderer Verantwortungsträger die Anregung formuliert, Seminare mit interkultureller Ausrichtung über Migration, psychologisches Trauma und die Arbeitssicherheit derjenigen Beschäftigten zu organisieren, die tagtäglich mit Flüchtlingen zu tun haben. Last not least sei auch darauf hingewiesen, dass sich über dieses Seminar die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) und das Institut für Arbeit und Gesundheit in Dresden (IAG) den Tausenden von Organisationen und Freiwilligen angeschlossen haben, die in der gegenwärtigen Situation einen konstruktiven Beitrag zur Aufnahme, Stabilisierung und Integration von Flüchtlingen in Deutschland leisten.

 

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